Abteilung Wilmersdorf Nord diskutiert zur künftigen Lehrerbildung in Berlin
09.05.2013: Spannende Diskussion mit Bildungsexperten Prof. Dr. Klaus-Jürgen Tillmann
Die SPD-Abteilung Wilmersdorf Nord hatte am 16. April 2013 einen renommierten Experten zu Gast: Prof. Dr. Klaus Jürgen Tillmann, der über die Zukunft der Lehrerbildung referierte. Anlass für das Thema ist das noch in diesem Herbst zu novellierende Berliner Lehrerbildungsgesetz, zu dem eine Expertenkommission unter der Leitung von Prof. Dr. Jürgen Baumert vom Max-Planck-Institut für Bildungsforschung (MPIB) Empfehlungen erarbeitet hatte. Die Ergebnisse präsentierte Schulsenatorin Sandra Scheeres im September 2012 der Öffentlichhkeite (Empfehlungen s.u.).
Tillmann benannte in seinem Vortrag zunächst die Auslöser und Hintergründe der gegenwärtigen Debatte, zeigte auf, was im rot-schwarzen Koalitionsvertrag steht und stellte gegenüber, was einerseits die "Baumert-Kommission" empfiehlt und wie andererseits die gegenwärtige Struktur der Lehrerbildung in Berlin ist (4-seitiges Handout dazu s.u.).
Prof. Dr. Klaus-Jürgen Tillmann
Tillmann schloss seinen Vortrag mit dem Hinweis auf den gegenwärtigen Stillstand der Berliner Debatte. Der Knackpunkt liege in Baumerts Vorschlag, ein einheitliches Sekundarschullehramt einzuführen. Tillman: "Dies wird aus konservativer Perspektive vor allem als Abschaffung der Studienrats-Laufbahn - und damit als Aktivität zur Demontage des Gymnasiums - angesehen". Tillmann zitiert dabei den Tagesspiegel vom 14.3.2013, in dem die Haltung der CDU zum Ausdruck kommt, für die dieser Punkt "nicht verhandelbar" ist (so der bildungspolitische Sprecher Stefan Schlede).
Tillmann prognostizierte, dass die SPD die Kompromisslinie finden werde, dass es zwei parallele Lehrämter geben soll, die gleich besoldet werden, aber inhaltlich unterschiedlich ausgerichtet sein sollen (so der Tagesspiegel ebd., indem "die Gymnasiallehrer etwa höhere Mathematik belegen würden, die Sekundarschullehrer hingegen Konfliktmanagement"). Tillmann wies darauf hin, dass "wir sie da wieder haben - die gute alte Teilung zwischen Gymnasium und Volksschule".
Tillman sollte Recht behalten: Nachdem wir monatelang den Dissenz ausgetragen haben und Senatorin Scheeres keinen Gesetzesentwurf vorlegen konnte, einigte sich die Fraktionsspitze am 7. Mai 2013 auf die bereits o.a. Lösung, das Lehrerbildungsgesetz dahingehend zu novellieren, dass es für die Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern für den Oberschulbereich nach einem gemeinsamen Bachelor-Studium eine fachliche Ausdifferenzierung in zwei Masterstudiengängen, also Gymnasium und ISS, geben wird. Diese sollen mit zwei Masterabschlüssen in dienstrechtlich einem Lehramt "Studienrat (Gymnasium/ISS)" enden.
Siehe hierzu die Pressemeldung der rot-schwarzen Koalition v. 7. Mai 2013.
Wesentliche Empfehlungen der Baumert-Kommission sind, dass künftig ein anderes Lehramtsstudium dergestalt aussehen soll, dass angehende LehrerInnen bereits während des Studiums besser auf den Alltag in der Schule vorbereitet werden sollen. Dabei soll sich die Lehrerbildung überhaupt an der Schulstruktur orientieren. Für die Schultypen Grundschule, Integrierte Sekundarschule/Gymnasium sowie berufliche Schulen soll es drei eigene Studiengänge mit gleicher Ausbildungszeit geben. Das Referendariat soll künftig 18 Monate dauern und durch ein Studium begleitendes Praxissemester ergänzt werden. Vor allem sollen auch die sonderpädagogischen Kompetenzen der LehrerInnen verbessert werden. Inklusion, das gemeinsame Lernen von Schülerinnen und Schülern mit und ohne Handicap, soll somit stärker in der Lehrerbildung verankert werden. Die besonderen Herausforderungen, die sich für Lehrkräfte mit der Einführung der zweigliedrigen Schulstruktur in Berlin ergeben, sollen viel früher berücksichtigt werden (ausführlich s.u. die Empfehlungen).
Im Anschluss an den Vortrag fand eine kritische und anregende Diskussion im Tagungstreff am Nikolsburger Platz statt.
Mehr über Prof. Dr. (emer.) Klaus-Jürgen Tillmann
Wer Tillmann hören will: Interview im Deutschlandfunk v. 20.2.2013, "Sitzenbleiben ist eine sinnlose Maßnahme".