Die Jugendberufsagentur Berlin kommt

09.04.2015: Informationen zur Jugendberufsagentur Berlin: Kein Abschluss ohne Anschluss durch Unterstützung für Jugendliche und junge Erwachsene unter einem Dach

Berlin ist attraktiv, das beweisen die steigenden Zuzüge, jährlichen Übernachtungen und positiven Wachstumszahlen. Täglich entstehen neue sozialversicherungspflichtige Arbeits- und Ausbildungsplätze, die Menschen aus aller Welt zum Arbeiten und Studieren anzieht. Trotz der guten wirtschaftlichen Entwicklung brauchen wir einen wirksamen Weg, um die Jugendarbeitslosigkeit weiter zu verringern, die Systemübergänge zu erleichtern und mehr Fachkräfte auszubilden, damit die Wirtschaft weiter wachsen kann.

Unser Rezept heißt Jugendberufsagentur Berlin, die in den nächsten Monaten in den ersten Bezirken eingerichtet wird. Im Herbst 2013 hatten wir als Regierungsfraktion dazu den parlamentarischen Auftrag erteilt.












  • 1. Ausgangslage: Jugendarbeitslosigkeit

In Berlin ist die Arbeitslosenquote für unter 25-Jährige (U25) im Vergleich zu den anderen Bundesländernseit Jahren mit am höchsten. Aktuell (Februar 2015) liegt sie bei 10,3 %. Das ist der letzte Platz unter den Bundesländern. Baden-Württemberg rangiert mit 3 Prozent auf dem ersten Platz.

Graphik 1: Jugendarbeitslosigkeit in Berlin

Die Ursachen für die vergleichsweise hohe Quote sind vielfältig. Berlin hat eine hohe Schulabbrecherquote (9,3 %) und belegt damit bundesweit den vorletzten Platz. Der Bundesdurchschnitt liegt bei 6 %. Zugleich hat Berlin mit nur 13,5 % eine der niedrigsten Ausbildungsbetriebsquoten bundesweit (Bundesdurchschnitt: 21,7 %). Als Konsequenz haben im letzten Jahr 1.505 BewerberInnen keinen Ausbildungsplatz gefunden.

Und auch nach erfolgreicher Ausbildungssuche gibt es Schwierigkeiten. Etwa 33,3 % der Jugendlichen löst vorzeitig den Ausbildungsvertrag auf. Rund ein Zehntel muss sich trotz erfolgreich absolvierter Ausbildung arbeitslos melden.


  • 2. Institutioneller Rahmen

Berlin bekämpft diese Situation aktiv und sehr engagiert. Es gibt zahlreiche staatliche Förderprogramme und Beratungsstellen. Leider arbeiten diese stellen oft nebeneinander und unabhängig voneinander, so dass die verfügbaren Ressourcen weder effektiv noch effizient genutzt werden. Jugendliche fallen so häufig durch das sogenannte Raster oder werden von verschiedenen stellen gleichzeitig gefördert. Diese Doppelförderung ist sehr kostspielig.

Graphik 2: Institutioneller Rahmen der JBA Berlin

Zu oft gelingt auch der Übergang von der Schule in die Ausbildung / Studium bzw. den Beruf nicht und Jugendliche absolvieren mit nur geringer Anschlussmöglichkeit Jahr für Jahr und Maßnahme für Maßnahme im sogenannten Übergangssystem. Zu oft haben die staatlichen Institutionen dabei keine Information über den Verbleib dieser Jugendlichen und somit keine Möglichkeit, mti ihnen in Kontakt zu treten, um ihnen Angebote zu unterbreiten oder sie zielfördernd zu beraten.

Jugendlichen benötigen also feste Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner, welche in einem systemischen Ansatz auf die vielfältigen Problemlagen der Jugendlichen eingehen können. Jugendliche benötigen keine einfache Vermittlung von Maßnahme zu Maßnahme, sondern brauchen qualifizierende Anschlussmöglichkeiten und berufliche Perspektiven. Nach langen und intensiven Verhandlungen haben sich die Verantwortlichen dazu entschieden, einer sozialdemokratischen Initiative aus Hamburg zu folgen und ab Herbst 2015 eine Jugendberufsagentur Berlin einzurichten, die in jedem Bezirk eine Anlaufstelle hat und Beratung und Vermittlung unter einem Dach anbieten soll.


  • 3. Lösungsansatz: Jugendberufsagentur Berlin

Als sozialdemokratisches Projekt richtet Berlin noch in diesem Jahr als zweites Bundesland nach Hamburg eine Jugendberufsagentur ein. Das Konstrukt erscheint einfach wie innovativ: Berufsorientierung, Berufswahlkompetenz, Vermittlung in Ausbildung- und Arbeit sowie Leistungen der Jugendhilfe sollen unter einem Dach vereint werden, um Jugendlichen schnell und effektiv die Untersetzung anzubieten, die sie brauchen.

Jugendarbeitslosigkeit hat viele Ursachen und beansprucht einen Lösungsansatz, bei dem unterschiedlich tickende Teilsysteme mit individuellen Zielen in Einklang zu bringen sind. Die Jugendberufsagentur Berlin erfüllt diesen Anspruch und bietet Berufsberatung, Vermittlung in Ausbildung- und Arbeit sowie Leistungen der Jugendhilfe aus einer Hand unter einem Dach in jedem Bezirk an. Junge Berlinerinnen und unter 25 Jahren Berliner können unabhängig von der persönlichen Situation auf feste Ansprechpersonen vertrauen, die ihnen zur Seite stehen. In der Schule soll die Berufs- und Studienorientierung sowie das Duale Lernen intensiviert und stärker mit der Jugendberufsagentur verzahnt werden.

Graphik 3: Ziele bei den Jugendlichen


Detaillierte Ziele für Jugendliche setzen Prioritäten der Jugendberufsagentur voraus::

  • Senkung der Jugendarbeitslosigkeit,
  • Erhöhung des Anteils an Jugendlichen in Ausbildung und sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung,
  • Senkung des Anteils an Jugendlichen ohne Schulabschluss oder Berufsausbildung,
  • Beratung in wichtigen Lebenslagen,
  • Unterstützung und Vermittlung, um den passenden Ausbildungsplatz zu finden.

Um diese Ziele zu erreichen, vernetzt sich die Jugendberufsagentur intensiv mit den Schulen (ISS und Gymnasien), um die Jugendlichen nachhaltig zu unterstützen.

Graphik 4: Ziele für die Institution

Die Jugendberufsagentur wirkt aktiv sowohl während der Schulzeit als auch beim Übergang von der Schule in den Beruf. An dieser Stelle gilt es, einen systematischen Übergang mit zahlreichen Anschlussmöglichkeiten zu schaffen und die Hilfebedürftigkeit bzw. die Zeit im Übergangssystem der Jugendlichen zu reduzieren. Davon profitiert die Wirtschaft profitieren, denn die Jugendberufsagentur wird insgesamt zur Fachkräftesicherung.


  • 4. Organisation: Das Arbeitsbündnis

Die Jugendberufsagentur Berlin ist keine neue Institution oder Behörde. Sie ist ein Arbeitsbündnis bestehend aus der Senatsverwaltung für Bildung und der für Arbeit, der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Bundesagentur für Arbeit und den Bezirken. Alle Verantwortlichen bewirtschaften Personal-, Sach-, und Finanzmittel eigenverantwortlich. Jeder Berliner Bezirk (12 Stück) erhält genau eine eigene regionale Anlaufstelle, eine bezirkliche Jugendberufsgentur, an der das Jobcenter, das Jugendamt und die Agentur für Arbeit "angedockt" ist. Die Zusammenarbeit auf Landesebene ist durch eine Kooperationsvereinbarung geregelt, bei deren Erarbeitung schon frühzeitig die Bezirke mit eingebunden waren.

Graphik 5: Das Arbeitsbündnis der JBA Berlin

Die Vereinbarung über die Zusammenarbeit im Rahmen der Jugendberufsagentur Berlin wurde am 17. Dezember 2014 von den Bündnispartnern (zunächst mündlich) verabschiedet und wird am 17. März 2015 im Senat abgestimmt und muss anschließend auch im Berliner Abgeordnetenhaus eingebracht und verabschiedet werden.

Für den Frühherbst 2015 ist geplant, dass zunächst vier Pilotbezirke "an den Start" gehen und erste bezirkliche Anlaufstellen bilden. Insgesamt werden die anderen Bezirke bis Ende 2016 folgen.

Die detaillierte Ausgestaltung der regionalen Anlaufstellen ist den Bezirken überlassen. Teil oder eine Bedingung der Kooperationsvereinbarung ist jedoch, dass die Bezirke die auf der Landesebene geschlossenen Mindeststandards einhalten. Damit soll allen Jugendlichen einheitliche und vergleichbare Qualitätsstandards in der ganzen Stadt garantiert werden.

Unter Einhaltung der Mindeststandards können die Bezirke individuell regionale Kooperarionsvereinbarungen (etwa mit bewährten Partnern, z.B. Trägern) schließen und somit ihre bezirklichen Anlaufstelle auf die jeweiligen bezirklichen Bedürfnisse ausrichten.


  • 5. Die Struktur

Landesbeirat: Das Arbeitsbündnis, die Jugendberufsagentur, leitet ein Landesbeirat. Dieser ist für die strategische Steuerung verantwortlich und entscheidet unter Einbindung der Sozialpartner über landesweit geltende Grundsatzfragen. Ferner ist der Landesbeirat ein Austausch- und Dialogmedium und informiert die beteiligten Partner resp. die bildungs- und arbeitsmarktpolitischen Gremien über geplante strategische Programme und Initiativen.

Graphik 6: Organisation&Struktur der JBA Berlin

Netzwerkstelle: Die Netzwerkstelle koordiniert die Akteure auf der Landes- und Regionalebene. Nach einem vorgegebenen Prozess werden allgemein- und berufsbildende Schulen in die regionale Steuerungsebene eingebunden und transparent mit Informationen zu Unterstützungsleistungen versorgt.

An die Netzwerkstelle angebunden sind die drei primären Gremien und Beiräte für Berufliche Bildung im Land Berlin.

Das sind der

  • Landesausschuss Berufliche Bildung, die
  • Sonderkommission Ausbildungsplatzsituation und Fachkräfteentwicklung beim Regierenden Bürgermeister von Berlin sowie der
  • Beirat bei der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg.

  • 6. Beispiel für einen Standort

Die Jugendberufsagentur vereint alle staatlichen Unterstützungsangebote für Jugendliche und junge Erwachsene von 15 bis 25 Jahren unter einem Dach. Wenn sich Jugendliche in der Eingangsbereich der Jugendberufsagentur einfinden, soll eine Art "Erstaufnahme" stattfinden, die noch näher zu beschreiben ist. Je nach persönlichem Anliegen werden die Jugendlichen zu einer qualifizierten Beratungsstelle geleitet, bei der eine tiefergehende Auseinandersetzung mit den Jugendlichen erfolgt.

Graphik 7: Beispiel für eine regionale Anlaufstelle

Die verschiedenen Beratungs- und Leistungsstellen der Jobcenter, Agenturen oder Bezirke arbeiten nicht nur in einem Haus (unter einem Dach), sondern auch zusammen (aus einer Hand). Geplant ist ein Case Management System, eine Art regelmäßige Arbeits- und Fallbesprechung, durch die zuständigen Fallbearbeitenden (das wird dann anders als "Fall" heißen). Die Jugendlichen werden so ganzheitlich und aus zahlreichen Perspektiven heraus betrachtet und beraten.


  • 7. Bisherige Entwicklung

Seit Herbst 2013 (und früher) ist die Jugendberufsagentur Berlin in der Entwicklung. In diesem Jahr, ab Herst 2015, sollen die ersten vier Standorte eröffnet werden. Die folgende Grafik erläutert die schrittweise Entstehung der Jugendberufsagentur Berlin bis zum heutigen Stand.

Graphik 8: Genese der JBA Berlin

Alles in allem wird sich der Erfolg der Jugendberufsagentur Berlin daran messen lassen müssen, wie gut sich unterschiedlich tickende Teilsysteme mit individuellen Zielen in Einklang bringen lassen, damit im Ergebnis in jedem Bezirk ein Arbeitsbündnis entsteht. Nämlich eine Jugendberufsagentur, die Leistungen "aus einer Hand" nach einem einheitlichen Qualitätsmaßstab erbringt.


  • 8. Bestehende Herausforderungen

Auch mit dem besten Konzept gilt es in der konkreten Implementierung zahlreiche Herausforderungen zu meistern. Dies Betrifft vor allem die Bereiche der Umsetzung durch die Bezirke, der späteren gemeinsamen Arbeit der Beraterinnen und Berater sowie der Finanzierung. Bei der Implementierung der Anlaufstellen müssen die Bezirke auf umfangreiche Unterstützungsangebote zurückgreifen können. Es bedarf konkreter Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner sowie gezielter Planvorlagen, um die vereinbarten Qualitätsstandards in jedem Bezirk gleichermaßen zu gewährleisten. Zugleich müssen die Bezirke darin unterstützt werden ihre eigenen bereits bestehenden Strukturen in das Gesamtkonzept zu integrieren. Besondere Aufmerksamkeit gilt hierbei den regionalen Partnerschaften der jeweiligen Bezirke, welche effektiv und unter Beachtung der landesweiten Qualitätsstandards mit dem Gesamtkonzept verbunden werden müssen.

Graphik 9: Herausforderungen für die JBA Berlin

Damit der Gedanke einer organisationsübergreifenden Zusammenarbeit realisiert werden kann, muss auch das Personal entsprechend geschult werden. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Anlaufstellen müssen in die Lage versetzt werden, sich in die jeweiligen Partnerorganisationen hineinzuversetzen und deren Ziele sowie Organisationslogiken nachvollziehen zu können. Jugendliche profitieren erst im vollen Maße von der gemeinsamen Arbeit, wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im konstruktiven Dialog stehen und organisational bedingte Kommunikationsdefizite ausgeräumt haben.

Zum Thema Finanzierung ist die Struktur des Arbeitsbündnisses hervorzuheben. Daher sind die Bündnispartner eigenverantwortlich für finanzielle und personelle Mittel. Natürlich ist trotz allem zu gewährleisten, dass bei Engpässen die nachhaltige Finanzierung der Jugendberufsagentur garantiert ist. Nur durch eine stabile Finanzierung der Jugendberufsagentur kann diese sich so entfalten, wie es gedacht ist, sich wirtschaftlichen resp. sozialen Wandlungsprozessen anpassen und nachhaltig eine hochwertige Unterstützung aller Jugendlichen realisieren.

  • Meine Parlamentsbeiträge zur JBA Berlin:

Parlamentsrede im Rahmen der aktuellen Stunde v. 26.03.2015,

Parlamentsrede v. 29.01.2015,

Parlamentsrede v. 18.09.2014,

Parlamentsrede v. 05.04.2013.

  • Weitere Informationen und ausgewählte Medienbeiträge zur JBA Berlin:

Senatsbericht v. 24.03.2015 zur Einrichtung der JBA Berlin (PDF)

Flyer der SPD-Fraktion zur Jugendberufsagentur Berlin v. April 2015,

Keiner soll verloren gehen, v. 18.12.2014, in: Tagesspiegel,

Neue Jugendberufsagentur in Berlin: Jugendliche Arbeitslose bekommen Hilfe im Bezirk v. 17.12.2014, in: Berliner Zeitung,

Senatorin bricht Spitzentreffen ab: Berlin streitet über die Jugendberufsagentur v. 02.12.2014, in: Berliner Zeitung,

Eigenbeitrag: Im Gespräch mit Jutta Cordt, Geschäftsführerin der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg, v. September 2014.

Diese rote Karte gab es am 26.03. für meine grüne Vorrednerin für einen unsachlichen Beitrag.

Text: Franziska Becker MdA und Max Jacobi.

Zugehörige Dateien:
Kooperationsvereinburung "Zusammenarbeit im Rahmen der JBA Berlin" v. 17.12.2014 (PDF) Download (137 kb)
Flyer der SPD-Fraktion zur Jugendberufsagentur (PDF, Stand April 2015)Download (161 kb)
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